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Berlin-Reinickendorf

Vorher-Nachher

Ökologische Umgestaltung

Die Ausgangssituation

Im Spätsommer 2017 zeigte die Grünanlage der Modellfläche mit halböffentlichem Zugangsweg folgendes Bild: eine Reihenpflanzung mit Kugelahorn (Acer platanoides `Globosum`) und eine weitläufige Rasenfläche mit dichten Polstern des Scharfen Mauerpfeffers (Sedum acre); dazu fanden sich angrenzend Strukturen mit Gemeinem Liguster (Ligustrum vulgare), Forsythie (Forsythia x intermedia), Gemeinem Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) und weiteren Pflanzenvertretern des städtischen Wohnungsbaus. Aufgrund der Arten- und Strukturarmut auf der Fläche konnten sich hier bislang kaum Tiere ansiedeln.

Die umzugestaltende Fläche besitzt eine Größe von etwa 1.640 m².

Ausgangslage der Grünfläche im Sommer 2017 (Foto: Corinna Hölzer)

Die Planung

Unser wichtigstes Ziel: Auf der Grünfläche soll es arten- und strukturreicher werden!

Dazu haben wir ein Inselkonzept mit unterschiedlich großen Flächen entwickelt, das einen natürlichen Zugangsweg ergibt. Neben einer Verdichtung mit Vogelgehölzen werden Einzelbäume und Hecken gepflanzt und durch Vogelnistplätze und Totholzhaufen ökologisch aufgewertet. Fruchtgehölze und Zwischenpflanzungen mit Beeren sowie Unterpflanzungen entlang der bestehenden Bäume sollen in unregelmäßigen Abständen zur Verdichtung beitragen.

Außerdem sollen eine große Blühwiese für ein extensives Pflegekonzept mit angrenzender Sitzmöglichkeit entstehen sowie ein Steingarten mit Lesesteinen. Modellierte Hügel mit teils umfassenden Trockenmauern und vielfältigen Blühaspekten sollen einen strukturreichen Lebensraum bilden.

Die Umgestaltung

Vom Herbst 2017 bis in das späte Frühjahr 2018 dauerten die Umgestaltungen auf der Modellfläche.

Hier geht´s zur Pflanzliste

Vorher-Nachher-Vergleich (bitte auf Fotos klicken)

Statements von Mietern zur Modellfläche

Impressionen von der Modellfläche
Pflegemaßnahmen

Da sich die Pflege naturnaher Flächen von der konventionellen Grünflächenpflege unterscheidet, beinhaltet das Projekt auch spezielle Schulungen für Gartendienstleistende. Gemeinsam mit Fachberaterinnen und Fachberatern werden Pflegeworkshops mit theoretischen und praktischen Inhalten auf den jeweiligen Modellflächen durchgeführt.

Entwicklungspflege

Damit die Ansaaten und frisch gesetzten Stauden und Gehölze gut anwachsen und ihre volle Schönheit entfalten können, müssen sie nach der Pflanzung intensiv gepflegt werden. Hierzu ist die Entwicklungspflege erforderlich.

Bei Pflanzungen im Frühjahr und Sommer ist es besonders wichtig, dass die Ansaaten, Stauden- und Gehölzpflanzungen in den ersten Wochen bis zum Einwurzeln ausreichend bewässert werden. Weitere wichtige Arbeitsschritte sind das Freihalten der Pflanzungen von unerwünschten Arten sowie Schnitt- und Pflanzenschutzmaßnahmen. Die Säume und Wiesen werden ein - zwei Mal im Jahr gemäht. Hinzukommen noch Nachsaaten und/oder Nachpflanzungen, sofern es erforderlich ist.

Dauerpflege

Als Dauerpflege wird die Pflege nach der Entwicklungspflege bezeichnet. Bei der extensiven und standortgerechten Dauerpflege stehen das Abschneiden der Stängel im Frühling und die Mahd der Wiesen im Fokus. Der Druck unerwünschter einjähriger Pflanzen geht zurück, jedoch auch die Ausbreitung von starkwüchsigen Wildpflanzen muss fortwährend beobachtete werden.

Begleitende Kommunikationsformate für Genossenschaften

Infoveranstaltungen

Im Rahmen der Informationsveranstaltung mit den Mietern und Vorständen der Charlottenburger Baugenossenschaft eG  wurde das Gesamtprojekt "Treffpunkt Vielfalt" vorgestellt und erste Bekanntmachungen zu den Arbeiten auf der Modellfläche in Reinickendorf gemacht. Neben Vertretern der Genossenschaft und den Mietern, waren auch einige der Gartendiensleister anwesend, die nach der Umgestaltung die Fläche mit pflegen werden. Zudem wurden Fragebögen verteilt und ausgefüllt, welche der Einschätzung der Akzeptanz gegenüber der neuen naturnahen Fläche dienen sollen.  

Die Einweihung

Pünktlich zur Blütezeit der meistens heimischen Pflanzen, konnten die Arbeiten abgeschlossen werden. Am 13.06.2018 feierten die Projektbeteiligten zusammen mit den Anwohnern der Modellfläche die feierliche Eröffnung der ersten Modellfläche. Unter den etwa 40 Gästen befanden sich Vertreter aller drei kooperierenden Berliner Wohnungsbaugenossenschaften. Neben den Vorständen der  Baugenossenschaft befanden sich weitere Projektbeteiligte und aufgeschlossene Anwohnerinnen und Anwohner des umgebenden Wohnquartiers. Nach den Eröffnungsreden folgten die Einweihung der Informationstafeln und ein munteres Beisammensein bei vegetarischem Catering und regem Austausch über die neue naturnahe Fläche in direkter Nachbarschaft. Das erfolgreiche Mieterfest und die Akzeptanz der Anwesenden lässt erwartungsvoll auf die kommenden Umgestaltungen in Berlin blicken.

Begleitende Kommunikationsformate für Gartendienstleistende

Pflegeseminare für Gartendienstleister der Wohnungsbaugenossenschaft "Charlotte"

Schulungen und Info-Veranstaltungen zum Thema "Biologische Vielfalt auf den Freiflächen sind ein wichtiger Bestandteil des Projektes, auch in der Flächenpflege. Es soll somit ein Anstoß gegeben werden, zusammen mit den Gartendienstleistern von Wohnungsbauunternehmen, die Pflege von naturnahen Flächen in Theorie und Praxis in die tägliche Arbeit zu integrieren.

Auch eine naturnahe Grünfläche benötigt Pflege, und nicht alle "Beikräuter" sind erwünscht. Auf der Modellfläche im Berliner Norden (General-Barby-Str. in Reinickendorf) finden unter Leitung der Stiftung für Mensch und Umwelt und der Landschaftsarchitektin Renate Fröse-Genz in unregelmäßigen Abständen Pflegeworkshop statt. Teilnehmen dürfen alle interessierten Gärtner, Vorbarbeiter und Chefs der Gartendienstleister, die seit Jahren für die "Charlotte" in diesem Quartier tätig sind.

Die Workshops dauern i.d.R. etwa 2,5 Stunden und laden zu einem regen Austausch mit den Projektverantwortlichen ein. Welche Unterschiede gibt es in der Pflege beim Naturgärtnern im Vergleich zur herkömmlichen Grünflächenpflege? Wie steht es um die Akzeptanz der Gartendienstleister für die Modellfläche? Diese und weitere Themen wurden in einem ersten Theorieteil besprochen. Ein informatives und praxisorientiertes Skript wird an die Vorarbeiter und Chefs ausgehändigt. Im Anschluss folgt der gemeinschaftliche Pflegeeinsatz.

1. Theorieteil

2. Praxiteil (Basiskurs Herbstpflege)

3. Praxisteil (Basiskurs Frühjahrsputz)

4. Praxisteil (Basiskurs Unkraut, Remonierschnitte)

Naturräumliches Potenzial - Umgebung der Modellfläche

Neben der stark städtischen Prägung finden sich im Umfeld der Modellfläche auch einige wertvolle Grünflächen für wandernde Tierarten. Hervorzuheben ist dabei die lediglich 350 m östlich entfernte Kleingartenanalage. Deren nördlich angrenzendes Areal des Lienemannbeckens und die südlich des Kleingartens befindlichen Grünanlagen, rund um die Segenskirche, bieten Potentiale für Verbindungsflächen mit der naturnahen Modellfläche. Auch im Westen der Modellfläche findet sich, in einer Entfernung von 600 m, eine Kleingartenanlage. Im Osten, mit einer Distanz von 900 m, finden sich mehrere Friedhöfe mit einer Gesamtausdehnung von etwa 40 ha. Bei einer entsprechenden naturnahen Gestaltung können Friedhöfe äußerst attraktive Lebensräume für Pflanzen und Tiere bieten. Das im Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnete Projekt “Biodiversität auf kirchlichen Friedhöfen“ belegt dies eindrucksvoll.

Einer der grünen Hauptwege Berlins, der Heiligenseer Weg mit einer Gesamtlänge von 24 km, verläuft nur 600 m südlich der Modellfläche. Unmittelbar daran anschließend sind auch Tegeler Flugfeld und der Flughafensee zu finden. Diese Flächen bieten dabei, durch mangelnde grüne Verbindungsflächen, nur bedingt das Potential für einwandernde Tierarten.

Eine der eindrucksvollsten Naturlandschaft Berlins findet sich entlang der Ufer des Tegeler Fließes. Hier finden sich neben einer reichhaltigen Vogelfauna mit Neuntöter (Lanius collurio), Schwarzmilan (Milvus migrans), Wachtelkönig (Crex crex) und vielen weiteren auch bedeutsame Areale für die Berliner Insektenwelt. Neben zahlreichen Wildbienen-, Wespen- und Schwebfliegenarten erstaunt die fasziniernd große Artenzahl von Schmetterlingen. Bedrohte Arten wie das Steinklee-Widderchen, Birken-Gabelschwanz (Furcula bicuspis) und sogar die in Berlin verschollene Seladoneule (Moma alpium) sind hier mit etwas Glück zu entdecken. Auch die Mannigfaltigkeit der Tagfalter lässt den Betrachter staunen.

Hintergrundinfos: Der Bezirk Berlin-Reinickendorf

Bezirk Reinickendorf: Fläche - 89,46 qkm / Einwohner: 260.000 / Bevölkerungsdichte - 2.900 Einwohner/qkm
Stadt Berlin: Fläche - 891,85 qkm / Einwohner 3.575.000 / Bevölkerungsdichte - 4.000 Einwohner/ qkm

Der im Nordwesten gelegene Bezirk Reinickendorf besteht aus insgesamt elf Ortsteilen. Etwa ein Drittel der Fläche des Bezirks nehmen Wald- und Grünflächen ein. Daher gehen hier urbanes Milieu und Naherholung unmittelbar einher. Die artenreiche Pflanz- und Tierwelt wird bereits im Wappen angedeutete. Der dort abgebildete Fuchs bezieht sich auf das alte Dorfsigel des mittelalterlichen Ortes “Reynkendorp“. Naturnahe Flächen und biologische Vielfalt konnten sich die Reinickendorfer bewahren. Die ausgedehnten Uferwanderwege entlang des Tegeler Sees und der Havel sind dafür dankbare Belege. Aber auch der Flughafensee bietet wertvolle Rückzugsräume für Flora und Fauna. Hier befindet sich ein Vogelschutzreservat in dem bedrohte Arten wie Eisvogel (Alcedo atthis) und Flussregenpfeifer (Charadrius dubius) Zuflucht finden. Aber auch gefährdete Insekten wie die Graue Weiden-Sandbiene (Andrena nycthemera) oder der Kiesbank-Grashüpfer (Chorthippus pullus) haben sich hier angesiedelt. Im Nordwestlichen Ortsteil Heiligensee finden sich zudem besonders schützenswerte Sandheiden und Trockenrasengesellschaften in den Baumbergen, welche zum Landschaftsschutzgebiet Tegeler Forst gehören. Hier wachsen gefährdete Pflanzenarten wie  Behaarter Ginster (Genista pilosa), Gemeine Grasnelke (Armeria maritima), Graue Skabiose (Scabiosa canescens) und die Violette Schwarzwurzel (Scorzonera purpurea) welche als Zielarten des Berliner Florenschutzes eine besondere Stellung einnehmen.